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Alefbet – Hebrew Graphic Design

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Trotz der steigenden Anzahl von Fachliteratur, die sich mit im Westen ungeläufigen Schriftsystemen auseinandersetzt, ist Israels Typografie ein weitgehend unerforschtes Feld – in unserer Sonderausgabe zu nicht-lateinischen Schriften, Slanted BABYLON, haben wir es angeschnitten. Die markante Schrift und das multilinguale Gestalten mit verschiedenen Schriftsystemen und verschiedenen Leserichtungen sind das Charakteristikum israelischen Grafikdesigns und zugleich die Faktoren, die es zu einer extrem kleinen Nische machen. Israel ist eine typografische Insel: klein, isoliert und unentdeckt. 

Woher kommt die Inspiration und der Austausch, wenn die eigene Schrift nur von einer kleinen Gruppe genutzt wird? Wie kann typografisches Gestalten unter Verwendung mehrerer Schriftsysteme und verschiedener Leserichtungen funktionieren? Und warum bekommen wir in der westlichen Welt von der israelischen Grafikdesignszene beinahe gar nichts mit?

Katrin Brüggemann hat im Rahmen ihrer Bachelor Thesis an der FH Mainz Grafikdesign aus Israel beleuchtet, um die hebräische Typografie für andere Kulturen zugänglich zu machen und zur Auseinandersetzung mit fremden Schriftsystemen zu ermutigen. Entstanden ist das Buch Alefbet – Hebrew Graphic Design, zu dem wir ihr ein paar Fragen gestellt haben:

Woher kommt dein Interesse an der hebräischen Sprache und dem damit einhergehenden nicht lateinischen Schriftsystem? Ist es nicht sehr schwierig, eine Arbeit über einen Sprachraum zu machen, der uns »Lateinern« eigentlich sehr fremd erscheint?

Seit meinem Auslandssemester an der Bezalel Academy of Arts and Design in Jerusalem interessiere ich mich für Grafikdesign aus Israel und die hebräische Schrift. Immer wieder fragten mich meine Freunde, warum ich Design ausgerechnet in Israel studiere. Niemand kannte israelisches Grafikdesign und auch für mich war es Neuland. Aber ich war schnell begeistert von der visuellen Welt dieses jungen Landes, dem Drive der Designer, der spannenden Typografie und ich wollte mehr davon erfahren. Die hebräische Schrift ist nicht nur eine fremde Sprache, durch die uns inhaltliche Informationen entgehen – die Buchstaben sind für uns abstrakten Zeichen und der Zugang auch dadurch schwierig. Mir fehlte also neben Fachliteratur über chinesische, arabische oder englische Typografie ein Buch über hebräisches Grafikdesign und diese Lücke wollte ich mit meinem Buch schließen.

In den ersten zwei Monaten der Recherche überlegte ich, wie ich als Europäerin diesen Zugang für die westliche Welt öffnen könnte. Ich sprach mit israelischen Gestaltern über ihre Einflüsse und Inspirationen, ihre alltäglichen gestalterischen Probleme, ihren Umgang mit multilingualem Gestalten – denn nirgendwo sonst auf der Welt kombinieren Grafikdesigner gleichzeitig das hebräische, das arabische und das lateinische Schriftsystem. Alle Interviews habe ich persönlich geführt und durch diesen direkten Kontakt konnte ich ein gutes Gefühl für die Szene entwickeln. Ich erfuhr in unseren Gesprächen außerdem viel über ihren kulturellen Kontext, also über ihre Wurzeln und Sprachkenntnisse, die aktuelle Designszene, die Bedeutung der hebräischen Quadratschrift, hebräische Schriftgestaltung und Fonts und über ihre Arbeiten. 

Gerade meine eigene behutsame Annäherung an das Thema konnte ich als Grundlage der Annäherung des Buches nutzen und somit hoffentlich ein verständliches Einstiegswerk für »Lateiner« entwickeln.

Welche Quellen/Literatur hast du zur Recherche genutzt?

Der erste Teil des Buches enthält eine analytische Betrachtung der hebräischen Schrift und ihrer Geschichte aufbauend auf das Buch »Universalgeschichte der Schrift« von Harald Haarmann. Henri Friedlaenders Buch über die Entstehung seiner hebräischen Schrift “Hadassah” half mir beim Verständnis der hebräischen Formen. 

Es standen mir keine Referenzprojekte zur Verfügung, daher habe ich neben diesen Büchern zur Geschichte der hebräischen Schrift sämtliche Informationen aus den Interviews gezogen und trat somit gewissermaßen gemeinsam mit den Interviewten auch als Autor in Erscheinung. Die Rolle des Autors zu abseitigen Themen interessiert mich auch darüber hinaus und die Beschäftigung mit fremder Typografie soll weiterhin ein Bestandteil meiner Arbeit bleiben.

Du hast 11 israelische Gestalter anhand Interviews und Abbildung deren Arbeiten im Buch präsentiert. Wer sind die von dir vorgestellten Personen und weshalb hast du sie speziell ausgewählt?

Die Auswahl der Gestalter und der Arbeiten in meinem Buch stellen einen guten Überblick über die israelische Designszene. Avi Bohbot, Avraham Cornfeld und Tirza Ben-Porat zählen zu den jungen aufstrebenden Gestaltern. Dann haben wir die Generation, die anfing Grafikdesign in Israel zu lehren: Guy Saggee und Mushon Zer-Aviv vom angesagten Studio Shual, der renommierte Typograf Kobi Franco, die konzeptionelle Buchdesignerin Gila Kaplan, der experimentelle Oded Ezer und den angesehenen Schriftgestalter Yanek Iontef, der mir seine Schrift Mandatory für mein Buch zur Verfügung stellte. Außerdem Lahav Halevy, der vor allem für seine linksorientierten politischen Plakate bekannt ist. Eine sehr wichtige Nische in Israels Grafikdesign ist das politisch-kritische. Sein bekanntester Vertreter ist zugleich der dienstälteste und bekannteste Gestalter David Tartakover, der das letzte Wort in meinem Buch hat.

Wir sprechen bei Israel ja von einem Land, was in etwa so groß ist wie Hessen. Die Szene ist also erfassbarer Kreis, alle kennen sich und das Prinzip der Mund-zu-Mund-Propaganda funktioniert. Anfangs sprach ich einfach die Gestalter an, deren Arbeiten mich seit längerem begeisterten. Und gerade bei den anerkannten Gestaltern war die Motivation groß, die eigenen Arbeiten außerhalb Israels zu repräsentieren. 

Alefbet — Hebrew Graphic Design

Gestaltung: Katrin Brüggemann 
Hochschule: Fachhochschule Mainz
Betreuer: Prof. Robert Paulmann
Umfang: 196 Seiten
Format: 18 x 25 cm
Sprache: Englisch
Specials: Zwei Cover (englisch und hebräisch), verkürzte Aufmacherseiten, Lay-Flat-Bindung

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