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Bush

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Wer sich heute nach Washington wagt, läßt besser den Regenschirm zuhause und geht erhobenen Hauptes durch die amerikanische Hauptstadt. Denn in Washington sind Regenschirme an dem Tag, an dem der amerikanische Präsident George W. Bush in die zweite Amtszeit eingeführt wird, ebenso verboten wie Rucksäcke, Thermosflaschen, Kamerastative oder Spraydosen.

Die Furcht vor einem Terroranschlag ist enorm. Wird es noch neue Anti-Bush Plakate geben? Ist nicht alles schon gesagt worden?
13.000 zusätzliche Sicherheitskräfte sollen die Gefahr bannen - und dabei auf „Personen achten, die Augenkontakt meiden”, so eine der Polizeivorgaben. „Außer der Grünen Zone in Bagdad wird Washington die am stärksten befestigte Stadt der Welt sein”, schrieb die „Washington Times”.

Feier kostet Washington 17 Millionen Dollar

Wer sich dennoch in die Innenstadt traut, kann Zeuge des am besten geschützten, teuersten und längsten Spektakels um die Vereidigung eines Präsidenten in der Geschichte der Vereinigten Staaten werden. Washingtons Bürgermeister Anthony Williams beschwerte sich lautstark, daß die Stadt rund 13 Millionen Euro für Sicherheit und neue Tribünen zahlen muß. Über 250.000 Menschen werden die Straßen der Pennsylvania-Avenue vom Weißen Haus zum Capitol säumen, wenn der Republikaner aus Texas mit seiner Frau Laura zur Vereidigung fährt - darunter allerdings auch Tausende seiner Gegner.

Der Präsident selbst nannte in einem Interview der „Washington Post” die Feierlichkeiten ein „attraktives Ziel für Terroristen”. Also wird der Luftraum über Washington ebenso wie die Schiffahrt auf dem Potomac gesperrt. Das Magazin „Time” hat über ein Al-Qaida-Papier mit Details zu einem Bombenanschlag auf eine amerikanische Stretchlimousine berichtet.

Karawane von Stretchlimousinen

Von diesen Großraumwagen wird es in Washington noch mehr als sonst geben. Denn wer unter den betuchten Republikanern im Lande etwas auf sich hält, läßt sich die Jubelfeiern nicht entgehen. Und wie Bush einmal meinte, zählen die Vermögenden des Landes „zu meiner Basis”.

Die Luxushotels der Hauptstadt sind ausgebucht - auch wenn sie die bis zu 250.000 Dollar teuren „Inaugurations-Pakete” nicht los wurden. Dafür hätten reiche Bush-Fans Privatflugzeuge für die Anreise, persönliche Butler und Hostessen sowie jeden nur erdenklichen Luxus erhalten.

Tickets bei Ebay zum Verkauf

Höhepunkt der Feiern werden - neben Paraden und der Vereidigung - die ausverkauften neun Bälle und vier Galadiner sein, bei denen alle mit dem Kurzbesuch des Präsidenten rechnen. Sicher wird er zum „Texas-Wyoming-Ball” kommen, auf dem der Mann von Welt Cowboystiefel zum Smoking trägt. Die Karten für die Bälle kosten zwischen 150 und 4.500 Dollar - und werden nun für das vielfache bei Ebay angeboten, was erstaunlicherweise nicht verboten ist. Mehr als 40 Millionen Dollar werden die Zeremonien und Partys kosten - finanziert vor allem von großen Öl- und Computer-Konzernen sowie Banken.

Vor allem liberale Medien kritisierten die „maßlose Geldverschwendung” in Zeiten von Krieg und Tsunami. Prof. Stephen Hess vom Brookings-Institut verwies allerdings im „Christian Science Monitor” auf den „überragenden Symbolwert” der Amtseinführung für die Demokratie: „Es ist eine Feier für die demokratische Gesellschaft und das demokratische System.” Bush will mit Glanz und Pomp seine zweite Amtszeit beginnen. Allerdings verweist auch das Motto der Feiern „Die Freiheit zelebrieren, den Dienst ehren” auf die Bedeutung der Streitkräfte. Um sie besonders herauszustellen, gibt es neben einem Militär-Ball - kostenlos für amerikanische Soldaten aus dem Irak und Afghanistan - bereits am Mittwoch ein „Freiheitsfest” im Garten des Weißen Hauses.

Gegner organisieren Protestveranstaltungen

Zahlreiche Gruppen wollen die Jubelfeiern stören. So planen Kriegsgegner ein Massen-„die in”, bei dem Demonstranten reglos auf dem Straßen liegend an die Kriegstoten erinnern sollen. „Laßt uns Anarchie nach Washington bringen” forderte der „Anarchistische Widerstand”. Geplant sind auch zahlreiche Anti-Bush-Partys. Die Theatergruppe „Milliardäre für Bush” hat unter dem Motto „Noch mehr Profitgier und Maßlosigkeit” in einen Nachtclub eingeladen.

Zur Mittagsstunde wird Bush auf den Stufen des Capitols in Washington den Amtseid ablegen und damit seine zweite und letzte Amtsperiode beginnen. Die Eidesformel ist in Artikel II der Verfassung von 1787 festgelegt und lautet: „Ich schwöre feierlich, daß ich das Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten getreulich verwalten und die Verfassung der Vereinigten Staaten nach besten Kräften erhalten, schützen und verteidigen werde.” Der Eid wird traditionsgemäß vom Vorsitzenden des Obersten Gerichts - zur Zeit ist es William Rehnquist - abschnittsweise verlesen und vom Präsidenten nachgesprochen.

Antrittsrede mit Spannung erwartet

Die Vereidigung des Präsidenten erfolgte bis 1933 jeweils am 4. März. Mit einer Verfassungsänderung wurde der Termin dann auf den 20. Januar vorgezogen. Damit wurde die Zeit zwischen der Präsidentenwahl Anfang November und dem Antritt der neuen Regierung deutlich verkürzt. Im 20. Zusatzartikel der Verfassung ist seither festgelegt: „Die Amtsperioden des Präsidenten und des Vizepräsidenten enden am Mittag des 20. Tages des Monats Januar ...”

Mit Spannung erwarten nicht nur die Amerikaner Bushs Antrittsrede. An Themen mangelt es nicht. Die amerikanische Gesellschaft ist gepalten wie selten zuvor, die Zukunft des Iraks ist weiter offen, der Friedensprozeß im Nahen Osten steht nach dem Tod Jassir Arafats vor einem Neubeginn, Usama Bin Ladin ist noch nicht gefaßt, und das Verhältnis Washingtons zu den europäischen Verbündeten weist tiefe Risse auf.

Die Antrittsrede am Tag der Vereidigung gehört zu den wichtigsten Ansprachen eines Präsidenten. Das gilt insbesondere dann, wenn sich ein neuer Präsident vorstellt. Aber auch ein Amtsinhaber wie Bush kann mit einer gelungenen Rede zu Beginn seiner zweiten Regierungszeit Akzente setzen, die über den Tag hinausreichen. Die meisten der Antrittsreden der bislang 43 Präsidenten sind jedoch rasch in Vergessenheit geraten. Das trifft auch auf Bushs erste Rede vor vier Jahren zu.

Zentrale Botschaft in einem einzigen Satz

Nur wenige Reden wurden nach Jahren oder gar Jahrzehnten noch zitiert, wie etwa die von John F. Kennedy, Franklin Roosevelt oder Abraham Lincoln. Eine gelungene Antrittsrede, darin sind sich die Historiker einig, muß die zentrale Botschaft der Regierung möglichst in einem einzigen einprägsamen Satz enthalten. Die Rede muß die eigentliche Vision der Regierung auf den Punkt bringen.

So sagte John F. Kennedy einst zu seinem Redenschreiber, er sei es leid zu lesen, was die Regierung für die nächsten hundert Tage alles an Wundern plane. „Laß uns das einfach so ausdrücken, daß dies nicht alles in hundert oder tausend Tagen gemacht werden kann”. Aus diesem Gedanken wurde dann in der Rede die Passage: „All dies wird nicht in den ersten hundert Tagen getan sein. Auch nicht in den ersten tausend, oder bis zum Ende unserer Amtszeit, ja vielleicht nicht einmal bis zum Ende unseres Lebens auf diesem Planeten. Aber laßt uns beginnen.”

Text: FAZ.NET mit Material von dpa und AP
Bildmaterial: AP, picture-alliance/ dpa/dpaweb, REUTERS, dpa

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