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TYPO Berlin, Tag 3, 15 Uhr: Manuel Krebs

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Wie schön, ein Vortrag mit einem Hauch von Wissenschaft. Manuel Krebs führt zusammen mit Dimitri Bruni das Grafikstudio NORM in Zürich. Das Wort Norm klingt schon nach ihrer Arbeitsweise, sie verstehen unter Design, dass man Informationen sortiert und ihnen eine Form verleiht.

Er spricht über den Gedanken, den die Begriffe engl. »Typeface« für Schrift und franz. »Charactère« für Buchstabe beinhalten, dass Schriften Eigenschaften haben, die man ihrem Äußeren ablesen kann, genau wie auch Menschen anhand von Gesichtszügen und Gesichtsausdrücken Charaktereigenschaften zugeschrieben werden. Denn ihm fiel auf, wenn er sich mit Auftraggebern über Schriften unterhielt, dass er immer menschliche Eigenschaften benutzt, um zu erklären wie die Schrift aussehen wird. Wenn er von einer freundlichen Schrift oder von einer aggressiven Schrift spricht, können die Auftraggeber mehr damit anfangen als z.B. damit, dass die x-Höhe der Schrift sehr groß ist im Vergleich zu Ober-und Unterlängen.

Sein Vortrag ist in zwei Teile geteilt, er geht zuerst auf den Gedanken der Charakterzüge im menschlichen Gesicht und deren Kategorisierung ein, der Physiognomie, und versucht das auf Schriften anzuwenden. Danach berichtet er von eigenen Arbeiten, die Schrift Replica und das Redesign der Marke swatch.

Witzig ist es, als er verschiedene »e« vergleicht und man tatsächlich das Gefühl hat, das Rotis-e lacht sich kaputt, er nennt es hysterisch, das Frutiger-e sieht zufrieden aus, während das Helvetica-e sehr verhalten wirkt. Toll, solche Beispiele müsste es noch viel mehr geben! Ein interessantes Experiment hat er gemacht, er hat einen Text in Helvetica mit der Hand nachgeschrieben und ihn dann einem Graphologen zur Analyse geschickt, das Ergebnis passt hervorragend mit den Eigenschaften der Helvetica zusammen: nüchtern, fast langweilig, kontrolliert, intelligent, geordnet.

Mit der Helvetica geht es weiter zu einer Schrift von Norm, deren Basis ein Mix aus Univers und Helvetica ist, die Unica. Sie haben das Raster vergrößert und Diagonalen eingefügt, so entstanden die charakteristischen Buchstaben-Endungen und Kanten der Replica. 

Die Arbeit am Logo für swatch bezeichnet er als Kosmetik, als Putzen und Säubern. Die Schrift für Swatch sollte eine FREUNDLICHE Schrift werden, alles sollte freundlich sein, auch das Manual und die Handhabung der Schrift, deshalb wurde das Komma einprägsam gestaltet, sodass die swatch-Mitarbeiter daran die richtige Schrift erkennen können.

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