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the books of friedrich

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Der Begriff „gurgeln“ in seiner linguistischen Bedeutung ein einfaches medizinisches Verfahren, hat in vielen Sprachen die metaphorische Bedeutung „sich über jemenden lustig machen“. Etwas ähnliches macht Friedrich Nichtmargen hier mit der internationalen Kunstszene.

Um eine bessere Vorstellung für seine humorvolle und ironische Wahrnehmung der Künstlerwelt zu erlangen, gehen wir durch verschiedene Stories, Aktionen und Projekte, die ein Künstlernetzwerk in seinem Namen in der ganzen Welt ausführte. Bis zu einem gewissen Grade basieren die books of friedrich auf der mit Friedrich und seiner Philosophie verbundenen Korrespondenz Vassya Vassilevas, sowie auf dem Sinn der Gegenwartskunst. Die Nicht-Kunstwerke von Friedrich sind ein Wort- und Bilderspiel an dem sie auch teilnehmen können, sei es unabhängig oder durch das imaginäre Friedrichsche Institut.

Wer ist Friedrich? (Kurzeinstieg ins Thema)
Friedrich ist ein unbekannter und ausgedachter Künstler, der hypothetisch im Bereich Performance und Installation und Digital Imaging aktiv wäre. Er wurde durch den irischen Künstler und College-Professor Rody Hunter eingeführt. Mr. Hunter hat aber zu einem bestimmten Punkt abgesagt, die Figur Friedrichs weiterzuentwickeln. Damit befasste sich dann die bulgarische Künstlerin Vassya Vassileva. Sie baute innerhalb von 1 ½ Jahren ein künstlerisches Netz mit dem sie rund 600 Emails über Friedrich austauschte. Das Netz bildete ein sternförmiges Modell. Die Künstler haben gemeinsam mit Frau Vassileva oder unabhängig verschiedene Aktionen im Namen Friedrichs veranstaltet, Phänomene erlebt und Dokumentation über sie durch verschiedene Wege gespeichert.

2005 haben wir, Frau Vassileva und ich, angefangen an einem Buchkonzept über die Friedrichschen Phänomene zu arbeiten. Zu diesem Zweck haben wir das Institutum Fridericianum (Friedrichsches Institut) gegründet, dessen Endziel es war, die notwendige Information über die Kunst Friedrichs für eine gedruckten Publikation entsprechend zu sammeln und das aktuelle Layout bis zum Probedruck vorzubereiten.

Warum das Medium Buch?
Die Idee von der Geschichte Friedrichs ein Buch oder gedruckte Publikation zu machen stammt von meinem ursprünglichen Vorschlag an Frau Vassileva. Er bestand darin, dass ich über sie einen Kunstkatalog oder Kunstbuch verfassen und gestalten wollte, da ich fand das ihr Werk und ihre Aktivitäten als Künstlerin eine bessere systematische und konzentrierte Veröffentlichung verdienten. Das hat im Jahr 2005 stattgefunden. Mein Vorschlag wurde mit viel Ironie aber auch auch mit Respekt und Dank von der Künstlerin abgelehnt. Stattdessen reagierte sie, in dem sie mir den Vorschlag machte, dass wir gemeinsam ein Buch über den unbekannten und nicht existierenden Künstler Friedrich Nichtmargen kreieren.

Bis zu dieser zeit war die Information über den ausgedachten Künstler ziemlich verstreut und meistens in Form von Emails in verschiedenen privaten Mailprgrammen verteilt.

zusammenfassend war unser ziel:
. Fixierung, Dokumentierung der Friedrichschen Phänomene;
. Auswahl von 20-30 Emails aus 600;
. entsprechende Druckform für die Texte herausfinden;
. erschaffung einer Art Einführungspublikation zur Welt Friedrich’s.

Warum wird’s tatsächlich veröffentlicht?
der grund liegt darin, dass dieses künstlernetz eine figur erschaffen hat, die die dimensionen der üblichen künstlerischen eitelkeit und egozentrismus überschritten hat. so drücken sich die künstler freier aus und finden einen gedachten ausweg aus der oft sehr komplizierten lebenssituation der kreativen. so wird der austausch von ideen, visionen und botschaften direkter, normaler, unabhängiger und vor allem sogar allgemeinmenschlicher.

Was soll das Buch erreichen?
. Stimulierung des eigenen kreativen Denkens vom Leser.
. Änderung der eigenen Vorstellungen und Erfahrung sammeln außerhalb und im Bereich der Kunst.


Interview mit Ivan Russev

Slanted: Gib uns bitte ein paar Informationen über Dich und/oder die Firma, für die Du arbeitest.
Ivan: Ich habe gerade vor ein paar Monaten mein Studium abgeschlossen und bin auf der Suche nach einem Designjob. Zum Beginn bin ich bereit als Generalist in einer Full-Service-Agentur (möglichst groß) zu arbeiten oder in einem spezialisierten Grafik-Design-Studio mit 10-12 Leute Personal mit Schwerpunkten Typo, Zeichenen, Illustration, Schriftenerstellung, Grafik (allgemein). Ich hatte vor dem Kommunikationsdesign-Studium 2 – 3 Jahre intensive Erfahrung als freischaffender Künstler (konzeptionelle Kunst – Aktionen, Installationen und andere Präsentationsformen) gesammelt. Diese Praxis hilft mir immer noch. Vorher, noch als Schüler, und dann als Kunstpädagogik-Student an der Uni zu Sofia (Bulgarien) habe ich mich auch intensiv mit traditionellem Zeichnen beschäftigt (alle möglichen Techniken ausprobiert). Dies war auch beim Design-Studium immer auch ein Bonus, das sich nicht jeder leisten kann.

Slanted: A – Was ist Deine Grafikdesignrichtung? B – Wie würdest du Deinen Stil bezeichnen? C – Wo liegen Deine Stärken?
Ivan: A – Eine Mischung aus klassischer oder digitaler Zeichnung; eine Auswahl an verschiedenen Vektorgrafikstrukturen und experimenteller Typografie; Editorial-Design, Buchgestaltung (Lese- und Experimentelltypografie); Künstlerisch-ästhetischer Zugang zu den gestalterischen Elementen; gleichzeitig: eine ständige Suche nach dem konsequenten und vom Publikum sehr leicht zugänglichen System.
B – Ich bestehe darauf, dass man keinen Stil verfolgen darf, sondern dass man seinen designerischen Prinzipien und eigenen Regeln treu bleiben soll. Meine Projekte sind bis jetzt sehr unterschiedlich. Immerhin fängt es an, sich etwas wie Stil zu formen, wobei er noch nicht so deutlich ist. Es ist sehr schwierig, die eigene Integrität darzustellen. Ich würde sie so bezeichnen: ein System, ein Meer aus Experimenten und verschiedenen Ideenrichtungen von einer unerschöpflichen künstlerisch-spielerischen Begeisterung für die Arbeit begleitet. Ich hoffe, dass all diese Elemente in der nächsten Zeit noch deutlicher zu erkennen würden sich weiter prägen würden.
C – Stärken:
. Schnelle Ideenvisualisierung, gute Präsentationsmöglichkeiten.
. Begeisterung, die auch in schweren Momenten nicht nachlässt.
. Offenheit und Bereitschaft, in jedem Moment etwas Neues zu lernen.

Slanted:Wo arbeitest du am liebsten?
Ivan: Am liebsten in meinem eigenen Arbeitsraum und Bibliothek, aber auch an jedem ungewöhnlichen Ort, wo unbedingt Ruhe herrscht. Leise mildere Musik gehört dazu – die Art der Musik ist nicht so bestimmend. Briefings, durchlaufende Besprechungen sind für mich unbedingt wichtig, die reine gestalterische, d.h. auch experimentelle Arbeit würde ich aber in Stille selbstständig erledigen.

Slanted:Was inspiriert Dich?
Ivan: Kunstphänomene , Technik- und Technologiephänomene; experimentelle Photografie, Naturprinzipien und Naturerscheinungen.

Slanted:Welche Bedeutung hat für Dich Design?
Kommunikation auf verschiedene Ebenen. Ordnung und Orientierung. Nach einer fast 3-jährigen künstlerischen Karriere habe ich festgestellt, dass ich mich viel zu viel mit mir und mit meinen Arbeiten beschäftige: geistig und auch auf der praktischen Ebene. Dann habe ich mich entschlossen, mehr Achtung auf die aktuellen Geschehnisse der Technologie und der Kultur zu schenken und langsam zu lernen, offen und kritisch mit Kollegen und Publikum einen ständigen Kontakt zu pflegen. Dabei hat mir an erster Stelle mein zweites Studium geholfen: Kommunikationsdesign an der Fachhochschule Mainz.

Slanted:Wie/Wo wäre die ideale Anwendungsweise?
Ivan: Ohne besonderen Alterseinschränkungen - hypothetische Altersgrenze: ab 16. Leute, die sich von der Propaganda der gegenwärtigen Kunst erschöpft fühlen und aus ihrem Leben - neben dem hektischen Alltag - etwas gutes machen wollen. Wo: Kunstbuchhandlung, Kunstschule, jede Privat- oder öffentliche Bibliothek.

Slanted:Arbeitest Du eher darauf los oder gibt es lange Konzeptionsphasen?
Ivan: Bei mir finden eher lange Konzeptionsphasen statt, besonders bei der Recherche, die manchmal wirklich zu einer quasi wissenschaftliche Forschung wächst (so war der Fall bei der Befassung mit der kyrillischen Schrift bzw. mit den einzelnen kyrillischen Unicode-Zeichen). Die eigentliche Gestaltung bei mir basiert auf sehr knappen und reduzierten Prinzipien, die ich innerhalb von Wochen oder Monaten (je nach dem Projektmaßstab) anwende. Dann folgt eine obligatorische Pufferzeit für Korrekturen und kleine Verbesserungen die höchstens eine Woche lang dauern dürfen.

Slanted:Wie lange hast Du an Deinem Werk gearbeitet?
Ivan: Vorbereitungsphase: 2 Jahre (Teilnahme an künstlerischen Aktionen einschließlich). Keimdauer 8 Monate, davon 3 Monate reine Gestaltung.

Slanted:Wer hat Dich betreut und wie hast Du davon profitiert?
Ivan: Ich wurde von Prof. Philipp Pape (Verlagskaufmann, ehemaliger künstlerischer Assistent an der Hamburger Kunstakademie und Dipl.-Designer) betreut. Seine Schwerpunkte liegen im Bereich Verlagwesen und Webdesign, sowie Typografie und Konzeptionelles Gestalten, - die letzten beiden unterrichtet er als Fächer an der Fachhochschule Mainz. Bei ihm habe ich im Studium insgesamt vier verschiedene Disziplinen belegt. Während der Diplomarbeit (die eigentlich organisatorisch und konzeptionell sehr schwer war) habe ich von seinem flexiblen systematischen Denkens, von seiner an manchen Stellen provokativen Herangehensweise und von seinem ständig das „Kommunikations-Produkt Buch“ prüfende Strategie profitiert. Das Buch ist a priori ein sehr veraltetes und viel verbrauchtes Medium und deswegen war der „ständige Check“ super wichtig. Sein nüchterner und kritischer Zugang zum gestalteten Objekt, den ich ehrlich gesagt sehr oft vermisse, war mir auch nützlich.

Slanted: Hast Du Deine Arbeit handgemacht (gedruckt, veredelt etc.)?
Ivan: Ich habe bei der Ausarbeitung des/der Schubers/Mappe mitgewirkt, auch so bei dem Aufbau des Chronology-Heftes. Das erste Prototyp habe ich ganz alleine gebunden und beschnitten. Sobald alles mit den verschiedenen Tests gestimmt hat, habe ich aus Zeitengründen eine professionelle Meisterbuchbinderin beauftragt noch weitere Exemplare des Werks weiter zu verarbeiten. Veredelungen wurden für dieses Buch nicht geplant, da solche Elemente zum Thema der Publikation nicht passten. Man sollte sich eher auf die passende Wiedergabe der etwas verschlüsselten Inhalte konzentrieren. Eine Simulation (durch weiße Acrylsprühfarbe) für Flächen des Schubers wurde auch ausgeführt. Dies habe ich erst allein getestet und dann ausarbeiten lassen.

Slanted: Hast Du Vorbilder? Was interessiert Dich an dieser/n Person/en? Welche Arbeiten gefallen Dir?
Ivan: Ich habe immer die Arbeiten der Designer/Illustratoren rund um den Verlag DIE GESTALTEN aus Berlin bewundert. Ich mag auch die Bücher und Verlagsverzeichnisse von Revolver aus Frankfurt am Main. Ansonsten versuche ich mir keine großen Vorbilder zu machen, da ich glaube, dass Design eher die anderen bereiche bedient als sich selbst. Man soll viel mehr für den Zweck der Kunden erreichen als für seine eigene Berühmtheit. Und trotzdem kann die Arbeit eines guten Designers integer bleiben, da man dabei besondere eigenartige Prinzipien angewendet hat. Die holländischen Designer haben mich auch immer fasziniert: laut frech, witzig, erfüllt mit einer hochkreativen Typografie und mit einer sehr interessanten Betrachtung der Welt. LettError beeindruckt mich. Ocean Club (Grafikberatung: The Kitchen) – Rob Petrie; Irma Boom und ihr Werk von 1996 „Das SHV-Buch“, an dem sie 5 Jahre gearbeitet hat (2136 gedruckte Seiten, 3,5 kg Gewicht); Auch Pentagram, NY: die künstlerische Ausgestaltung von Wegeleitsystem von Paula Scher für NEW42ND STREET STUDIOS. Mir gefallen Arbeiten die ein betontes System (Strukturdesign) aufweisen, die mit der Absurdität der Welt spielen (z.B. von der gegenwärtigen Kunst inspiriert) und die einen ungewöhnlichen Zugang zum beliebigen Thema suchen. Ordnung durch nicht traditionellen Methoden erreichen und dadurch gleichzeitig eine hohe Ästhetik darstellen.

Slanted: Was sind Deine Pläne für die Zukunft?
Ivan: Zwei-drei Jahre Erfahrung an einer intensiven All-round-Designstelle zu sammeln. Ich würde gerne auch als In-House-Designer arbeiten, wenn das auch manche Nachteile hat. Ich bevorzuge die selbstständige Arbeit, bin aber auch bereit für besondere Projekte in Team zu arbeiten – da sind Kommunikation und intensiver Austausch von Ideen und Kenntnissen sicher vorhanden. Wenn genug Erfahrung gesammelt, würde ich neben den kommerziellen Aufträgen, die lebenswichtig sind, mit Hilfe anderer interessierten Kollegen (auch von anderen Bereichen) einen kleinen Verlag für kyrillische Schrift, Literatur und Kultur gründen, um da meine kreative Träume zu verwirklichen: kyrillische Symposia zu organisieren, künstlerische Festivals mit zahlreichen Publikationen begleitet zu veranstalten, sowie auch andere Print- und Live-Projekte.

Slanted: Vielen Dank und viel Glück!







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