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TYPO Berlin, Tag 3, 19 Uhr: Jessica Walsh

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In den Reihen hinter mir ist man sehr neugierig darauf, ob Jessica Walsh dieselbe Genialität besitzt, wie Stefan Sagmeister, mit dem sie vor einem Jahr das gemeinsame Studio Sagmeister & Walsh in New York gegründet hat. 

An einer Stelle ihres Vortrags nennt sie eine Statistik: wieviele Menschen sind unzufrieden mit ihren Jobs? 80%. Was ist das Gegenteil von Arbeit? 75% der Personen sagen Spiel. Wenn also Spiel in die Arbeit integriert werden würde, wären die Menschen zufriedener mit ihren Jobs. Also wird in Firmen wie google und facebook auch Basketball gespielt und gekickert. 

Durch Spielen sind wir produktiver, trauen uns mehr zu, wir gehen Risiken ein, sind schneller, können mit Zeitdruck umgehen. Viele Erfindungen basieren auf Spielereien, die Erfinder selbst wussten zum Teil noch gar nicht, was sie mit ihrer Erfindung anstellen sollen, oft war es jemand anders, der dann die zündende Idee hatte, wie bei der Dampfmaschine zum Beispiel, oder auch Steve Wozniak mit seinen Computeranfängen.

Jessica selbst ist eine obsessive Spielerin, eine Online-Spielerin. Sie hat ein Online-Wesen wie ein Tamagotchi, Kacheek, das ihr zu ihrer ersten kommerziellen Website verhilft. Sie studiert an der Rhode Island School of Design, will gern beides, Programmieren und Design. Nach ihrem Studium wird ihr visueller Stil schnell bekannt, sie fotografiert sich selbst, die Zunge zum Beispiel, und macht daraus Collagen für Magazine und Plakate.

Dann beginnt sie mit Stefan Sagmeister zu arbeiten und vor einem Jahr dann die Gründung des gemeinsamen Studios. Sie verschicken eine Karte, auf der sie beide nackt zu sehen sind, in Anlehnung an die Karte des nackten Sagmeister bei seiner ersten Studiogründung. Und Jessica sagt, wenn du eine Nachricht hast, die sich so schnell wie es geht verbreiten soll, dann mach Nacktfotos. Das schlägt ein wie der Blitz!

Wie auch bei anderen Projekten von Sagmeister, werden verschiedenste Materialien für die Typo verwendet. Für ein Plakat sollen die echten Haare die Buchstaben formen, die Männer lassen sich tatsächlich die Köpfe rasieren, Jessica hängt zu sehr an ihrem Haar und engagiert einen Maskenbildner, der es für die Fotos verschwinden lässt. 

Für Aïzone entsteht eine Serie mit Bodypainting in schwarz-weißer Typo. Die Models sind die Message, es dauert 12 Stunden, eine Person zu bemalen, das Shooting selbst dann nur 20 Minuten. Bei weiteren Aufnahmen gehen sie weg von der Vorgabe schwarz-weiß. Ihr Motto: Spiele mit den Regeln. Verwerfe die Regeln, die du dir selbst gestellt hast. Es entstehen Fotos mit Haarskulpturen, alles ist echtes Material, oder Lichtbuchstaben von einem Lichtkünstler oder Buchstaben aus farbigem Puder.

Sie zeigt die Arbeiten für den Energiekonzern edp, bei dem die vorgegebenen geometrischen Formen in komplexe Illustrationen und Geschichten verwandelt werden und für die Ausstellung »The Happy Show« für das Museum of Contemporary Art in Los Angeles. Auch hier werden verschiedene Messages in verschiedensten Materialien ausgedrückt. »Now is better« zum Beispiel mit Eiern, Sahne, Zuckerwürfeln und Luftballons mit Wasser gefüllt, die auf verschiedenste Weise zerplatzen, zersprengen, kaputtgehen.

Ein schönes Schlusswort für die TYPO 2013: »Do what you love and you will never work a day in your life.«

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