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Die Anderen – Leben in Marxloh

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Als Diplomarbeit im Bereich Kommunikationsdesign an der Hochschule Niederrhein in Krefeld entwickelte Jeannette Weber eine Imagekampagne für Marxloh, ein Problemviertel in Duisburg mit dem Titel „Die Anderen – Leben in Marxloh“.

Marxloh ist ein Stadtviertel in dem „die Anderen“ leben. Sozial Schwache, Arbeitslose und Ausländer. Die Probleme unserer Gesellschaft finden sich hier geballt im Mikrokosmos des Stadtviertels wieder. Die Kriminalität ist hoch, das Stadtbild ist türkisch geprägt und die Vorurteile über Marxloh sind weit verbreitet. Die Kommunikation zwischen „den Anderen“ und der so genannten Mehrheitsgesellschaft findet kaum noch statt, obwohl doch beide in derselben Welt leben.

Ein Blick hinter die triste und harte Stadtteilfassade bringt aber Menschen zum Vorschein, die unglaublich herzlich sind und wahnsinnig spannende Geschichten zu erzählen haben aus ihrem Leben und aus Marxloh.

Die Imagekampagne soll die Neugier zu diesem Blick hinter die Fassade wecken und so die Kommunikation zwischen den Menschen neu anregen. Nichts wird beschönigt und keine Probleme verschwiegen, stattdessen werden die Vorurteile durch Fakten ersetzt und ein authentisches Bild von Marxloh vermittelt.

Die Imagekampagne besteht aus einer Dokumentation in Magazinform die informiert, aber auch zur aktiven Kommunikation anregt. Jeder vierte Satz erscheint nur auf türkisch (25% der in Marxloh lebenden Menschen haben einen türkischen Pass). Der Leser wird dadurch gezwungen sich mit der fremden Kultur auseinanderzusetzen.

Emotional angesprochen wird der Leser mit Interviews der Stadtteilbewohner. Hier lernt er zum Beispiel eine zweimal geschiedene Muslima kennen, die im Moscheeverein arbeitet aber auch Theologie studiert hat; oder einen deutschen studierten Philosophen, der als Müllmann, Putzmann und im Bergwerk arbeitete und unter anderem Türkisch, Spanisch und Französisch fließend spricht.

Die Menschen des Stadtteils – Deutsche, Türken, Arbeitslose, Studierte – sie alle wecken das Interesse auf den Stadtteil und stellen ihn dar als einen prägenden Stadtteil mit Charakter.

Die Gestaltung des Magazins ist sehr reduziert. Die Tristesse und Härte des Stadtteils wird visualisiert durch Farb- und Formsprache. Die Gestaltung ist schwarz/weiß bis auf die Sonderfarben neongrün und zusätzlich purple im Portraitteil. Es werden so gut wie keine Bilder verwendet, sondern nur rechteckige Formen und Linien die die Architektur der Stadt und Industrie visualisieren. Die Gestaltung der Bewohnerportraits unterstreicht deren Charakter ohne dem Inhalt Konkurrenz zu machen. Die verwendeten Schriften sind die ITC Machine und FF Nexus Mix.

Neben dem Magazin gibt es verschiedene Maßnahmen im öffentlichen Raum und eine Internetseite, die als Kommunikationsplattform dient.

Diese Maßnahmen kommen komplett ohne Bilder aus sondern arbeiten nur mit Gedichten. Sie spiegeln die Seele des Stadtteils wieder und treffen Aussagen über Themen wie Heimat, Würde oder Respekt. Zusammengesetzt sind die Gedichte aus verschiedenen Aussagen der Bewohner. Die Gedichte werden verwendet in Leuchtinstallationen und als Kinospot, und in den Straßenbahnen als Sitzbeklebung. Darüber hinaus findet man Auszüge des Magazins als Wandzeitung wild plakatiert. Plakate an den Ortseingängen und Haltestellen Marxlohs sollen Besucher des Stadtteils direkt empfangen.

Auf dem Titelblatt – Seite 1 – erfahren wir in dem grünen Quadrat, dass in Marxloh 1 Chinese lebt. Dieses Element zieht sich durch die ganze Publikation und zwar immer auf den jeweilig passenden Seiten: z.b. auf Seite 16/17 lesen wir, dass in Marxloh 16 Inder und 17 Spanier leben.

Dies ist die Inhaltsangabe. Sie ist ein stilisierter Stadtplan von Marxloh und die Inhalte sind an der Stelle vermerkt, die auf einen korrekten räumlichen Bezug verweist. Auch die Kapitelüberschriften sind interessant benannt:

1/7 – Das Hier (Kurzbeschreibung von Marxloh) 2/7 – Der Puls (Interviews mit den Bewohnern) 3/7 – Der Schlüssel (Interview mit dem Stadtteilmanager von Marxloh: Probleme und Lösungsansätze) 4/7 – Der Himmel (Bericht über die, zur Zeit entstehende, größte Moschee Deutschlands in Marxloh) 5/7 Die Akte (Statistiken zu Migranten, Altersdurchschnitt, Kriminalität etc.) 6/7 – Die Nacht (Polizeibericht über die Gewalt- und Straftaten in Marxloh) 7/7 – Die Straße (Interview mit einem Rapper aus Marxloh)

Kapiteltrennseiten

Andere Maßnahmen:

Website und Blog zur Kommunikationsförderung. Hier soll man dann übrigens auch die türkischsprachigen Texte aus dem Magazin in deutscher Übersetzung finden.

Plakat

Straßenbahn

Wandzeitung

Und hier links im Bild ist Jeannette, sie hat es überstanden – Die Anderen haben es noch vor sich ;-) – das Diplom. Glückwunsch Jeannette!

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