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I am human

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Im Rahmen der Veröffentlichung des Slanted Magazins #19 zum Thema Super Families, in dem wir uns neben großen Schriftfamilien schwerpunkthaft mit Fotostrecken zum Thema Familie beschäftigt haben, möchten wir euch gerne auf die ein oder andere Fotoserie hinweisen, auf die wir während unserer Recherchen und unserer Arbeit gestoßen sind.

Eine dieser Strecken ist von der Fotojournalistin Carolina Harkort und zeigt das Leben einer HIV-infizierten Familie: I am human. Dieses »menschlich sein« wird in den Fotos sehr deutlich. Die Bilder geben die starke Atmosphäre von Wärme, Liebe, Traurigkeit, Zusammenhalt und immerwährender Hoffnung nach einem besseren Morgen wieder.

Carolina Harkort: »Irina, Sergej und Sascha leben in Narva in Estland. Sie bewohnen eine 1-Zimmerwohnung, sind arbeitslos. Irina und Sergej haben HIV. Sascha wird jeden Morgen von Sergej in die Schule gebracht. Irina wartet, bis Sergej zurückkommt. Dann verbringen sie den Tag zusammen in der Wohnung. Manchmal gehen sie auch zur Gruppentherapie für HIV-Kranke. Dann kommt Sascha zurück von der Schule – und die Familie isst zusammen zu Abend.

Das Zusammenleben der Familie hat mich beeindruckt, weil es den Dreien gelingt, in einer ausweglosen Situationen Mensch zu bleiben – in einem gesellschaftlichen Umfeld, das in ihnen vor allem ein Krankheitsbild sieht. Mich faszinierte die starke Bindung in der Familie, die Schönheit des Zusammenseins: Zwischen ihrer Trauer, dem Schmerz und den Wunden der Vergangenheit sind sie glücklich und erfüllt: von tiefster Liebe zueinander.«

 

Carolina Harkort im Interview

1. Wie bist Du zur Fotografie gekommen?
Fotografieren tue ich seitdem meine Hände eine Kamera halten können. Schon früh wollte ich durch meine Bilder etwas verändern und Menschen zum denken/umdenken anregen und sie wachrütteln - starke Bilder können viel mehr als Worte sagen. 

2. Welche Themen interessieren Dich am meisten in Deiner Arbeit bzw. wie wählst Du Themen aus?
Mich interessieren am meisten sozialkritische Themen. Es ist mein Wunsch, durch meine Fotografien allen Menschen eine Stimme zu geben, die selber nicht in der Lage dazu sind. Meine erste Fotoreportage handelte über eine Abschiebehaft. Ich habe in dieser Abschiebehaft einige Zeit gewohnt und mich mit den Insassen unterhalten. Es ist doch wichtig zu wissen, was in unserer Welt geschieht. Viele leben nur in ihren eigenen Cocoon und ihnen ist egal was um sie herum geschieht. 

3. Mit welchem Equipment fotografierst du? 
Ich fotografiere digital und analog. Wenn es die Zeit zulässt entwickele ich dir Bilder auch gerne selber. Am liebsten hätte ich eine kleine Kamera mit der mich keiner ernst nimmt. Es ist bemerkenswert wie sich Personen verändern wenn man eine große Kamera auf sie richtet. 

Wenn ich die Menschen in meinen Reportagen eine Zeit lang begleite (ohne Lichtanlage und viel Schnick Schnack), werde ich immer weniger bemerkt. Manchmal fühle ich mich dann fast wie unsichtbar. Sie vertrauen mir und ich gehöre einfach dazu, wie eine Vase auf dem Tisch. Wenn ich als Fotografin unterwegs bin, bin ich als Mensch unterwegs, dass heißt, ich konzentriere mich auf den Menschen und sein Schicksal.

Ich spreche mit ihnen und höre zu. Ich versuche so nah wie möglich an der Person und seinem Leben dran zu sein. Wenn ich es schaffe, diese Nähe in meinen Bildern zu transportieren, schaffe ich es auch, den Betrachter in die Bilder hineinzuziehen und zum Nachdenken anzuregen. Ich für mich selbst sage immer, das ein gutes Foto erst dann gut ist, wenn ich das Bild spüre, wenn ich es spüre und es unter die Haut geht und dort auch bleibt, wie eine eintätowierte Erinnerung -  unabhängig vom Equipment. 

4. Künstler oder Techniker?
Ich bin zuerst Mensch und dann Fotografin.

5. Wer inspiriert Dich? Gibt es Vorbilder?
Ich habe keinen direkten Vorbilder aber generell schaue ich mir gerne die Arbeiten von Noor Images und Magnum Images an. Im letzten Jahr erhielt ich ein Stipendium an der Danish School of Media and Journalism. Dort hatte ich das Glück  viele großartige Fotojournalisten zu treffen, die mich sehr inspiriert haben und mich darin bestätigt haben weiterhin mit vollen Herzblut als Fotojournalistin zu arbeiten.

6. Gibt es Webseiten/Portale zum Thema Fotografie, die Du regelmäßig besuchst?
Ny Times Lens blog, Grup Magazine, bbc Africa, Time Lightbox, fire cracker ...

7. Welche Magazine liest Du?
Photonews, Fotoforum, Colors Magazine, ONCE Magazine, ZEIT Magazin und viele mehr.

8. An welchen Projekten arbeitest Du gerade? Wie geht es weiter?
Ich arbeite an mehreren neuen Projekten. Ich begleite mehreren Menschen die an HIV erkrankt sind (weltweit). Nach meiner Reportage "I am Human" wurde mir durch das Feedback bewusst das es noch viel Aufklärungsbedarf gibt. Zusätzlich arbeite ich an einen Projekt namens Catching Dreams. Jeder Mensch hat Träume und strebt danach sie zu verwirklichen. Manchmal scheitern wir und manchmal leben wir unseren Traum. Träume geben uns die Richtung vor auf der langen Reise unseres Lebens. Genau dieser Frage gehe ich mit meinen  aktuellen Projekt "Catching Dreams" auf den Grund. Auf dem Weg durch Europa entdecken ich neue Welten, einzigartige Persönlichkeiten und gehe mir noch unbekannte Wege. Ich begleite Menschen die mit ganzen Herzblut als Musiker, Künstler, Hardcore Rocker, Surfer, Stripper, Backpacker oder Schlagenflüsterer Ihren eigenen ganz persönlichen Traum leben.

Bio:
bis Juli 2011: Stipendium an der Danish School of Media and Journalism in Aarhus (http://www.dmjx.dk)

2007-2010: Design Studium an der Hochschule für Design in Mainz 

Auszeichnungen und Veröffentlichungen:
Mai 2012: Teilnahme Ausstellung FOKUS FRAU "INTIM" 
Dezember 2011: Teilnahme am Portfoliowalk in den Deichtorhallen, Hamburg
Dezember 2011: Interview im Kunstmagazin "Junge Kunst"
Dezember 2011: Interview im PAGE online Magazin
November 2011: Interview  im Fotomagazin  "PHOTONEWS"
September 2011: Ausgewählt zum  "Coupe de Coeur", Fotofestival VISA POUR L'IMAGE, Perpignan, France

www.carolinaharkort.com
www.catchingdreams.de
www.authenticproductions.de

(Carolina Harkort)

 

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